Arbeitssicherheit im Tiefbau: Die richtigen Maßnahmen für mehr Sicherheit

Bauarbeiten, die unterhalb der Erdoberfläche stattfinden, erfordern besondere Fürsorge. Erfahren Sie hier, wie Sie den Arbeitsschutz im Tiefbau richtig umsetzen! 

Arbeitssicherheit im Tiefbau: Arbeiter mit Schutzkleidung bei Tunnelarbeiten. © tete_escape / stock.adobe.com

Besonders im Tiefbau sind Gefahren vielfältig und Unfallzahlen hoch. Nachrutschende Erdmassen, Verletzungen durch Absturz, selbst chemische Gefahrenstoffe – all diese Gefahren müssen sorgfältig in Betracht gezogen, um schwerwiegende Folgen vorzubeugen. Doch welche Sicherheitsmaßnahmen müssen im Tiefbau umgesetzt werden, damit das Gefahrenrisiko verringert wird? Welche rechtlichen Grundlagen Sie beachten müssen und was Sie tun können, um Ihre Baustelle gefahrensicher zu machen, erfahren Sie in unserem Artikel!

Welche Zertifizierungen bestimmen den Arbeitsschutz im Tiefbau?

Bevor es an eine konkrete Durchsetzung von Sicherheitsmaßnahmen geht, müssen zunächst klare Grundlagen geschaffen werden. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung bietet beispielsweise die Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems gemäß ISO 45001. Diese Norm unterstützt die Arbeitssicherheit, indem sie Anforderungen an Unternehmen stellt, einen normkonformen Umgang mit Risiken zu gewährleisten. Da die Zertifizierung alle drei Jahre aktualisiert werden muss, können potenzielle Gefahren nicht nur besser identifiziert und bewältigt werden – sie stärkt auch das Vertrauen der Kunden und Ihrer Mitarbeiter, dass Arbeitsschutzgesetze nachweislich befolgt werden.

Welche Bedeutung haben die DGUV Regeln im Tiefbau?

Das DGUV Regelwerk wiederum konkretisiert die Inhalte aus gesetzlichen Vorgaben, wie unter anderem Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften. Es bietet eine leitende Hilfestellung bei der effektiven Durchsetzung von Arbeitssicherheit.

Während die ISO 45001 freiwillig ist, sind die DGUV Vorschriften rechtskräftig. Das heißt, werden Sicherheitsmaßnahmen nicht umgesetzt oder gar nicht eingehalten, kann es für Sie als Arbeitgeber rechtliche Folgen nach sich ziehen.

Doch damit werden Sie nicht allein gelassen: Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft bietet auch für den Tiefbau eine umfassende Unterstützung an. Von der Bereitstellung von Leitfäden bis hin zu Beratungsleistungen – Arbeitgeber können auf vielfältige Ressourcen zurückgreifen.

Für die Branche Tiefbau greift die DGUV Regel 101-604. Neben der DGUV Regel 101-038, die für das gesamte Bauwesen gilt, werden in diesen Schutzmaßnahmen passgenau auf den Tiefbau abgestimmt.

Geltungsbereich

Umsetzung im Tiefbau

ISO 45001 Zertifizierung

Alle Branchen

freiwillig

DGUV Regel 101-038

Bauarbeiten

verpflichtend

DGUV Regel 101-604

Tiefbau-Branche

verpflichtend

Weitere relevante Verordnungen und Gesetze, die beispielsweise das Prüfen und der Betrieb von Fahrzeugen betreffen, werden durch die DGUV zusammengefasst.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber im Tiefbau?

1. Gefährdungsbeurteilung erstellen

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein wesentlicher Schritt im Gefahrenschutz im Tiefbau. Gemäß dem § 5 des Arbeitsschutzgesetzes gehört sie ebenfalls zu Ihren Pflichten. Die Handlungshilfen für Gefährdungsbeurteilung der BG BAU können bei diesem Schritt Abhilfe leisten. Um mögliche Gefahrenquellen bestmöglich zu identifizieren, denken Sie unter anderem an diese Aspekte:

  • Welche Arbeiten und Tätigkeiten werden ausgeführt?
  • Welche Maschinen und Baugeräte kommen zum Einsatz?
  • Finden Arbeiten in über 2 Meter Höhe statt, für die Gerüste erforderlich sind?
  • Welche Arbeitsmittel und Materialien werden verwendet?

2. Unterweisung und Aufklärung

Damit Sicherheitsmaßnahmen durchgesetzt werden können, müssen Sie Ihre Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr über die geltenden Schutzmaßnahmen verständlich aufklären. Dazu zählt auch die Unterweisung bezüglich des Einsatzes von Arbeitskleidung, wie beispielsweise Sicherheitsschuhen, Mundschutz oder Helmen. Aber auch Flucht- und Rettungswege müssen ausführlich besprochen werden.

3. Instandhaltung und Bereitstellung von Arbeitsmitteln

Als Arbeitgeber sind Sie ebenfalls verpflichtet, Arbeitsmittel nicht nur bereitzustellen, sondern diese auch in regelmäßigen Abständen auf Mängel und Defizite zu überprüfen.

Welche Pflichten haben Arbeitnehmer?

Auch Beschäftigte haben eine Mitwirkungspflicht (§ 15 ArbSchG): So stehen sie in der Verantwortung, Sicherheitsanweisungen korrekt zu befolgen und vorliegende Arbeitsmaterialien bestimmungsgemäß anzuwenden. Bei Defekten oder Gefährdungen sind sie verpflichtet, den Vorgesetzten zu informieren und Arbeiten einzustellen. Bei einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht drohen Arbeitnehmern arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie Abmahnungen oder Kündigungen, aber auch Bußgelder. In besonders schweren Fällen, wie bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, können auch strafrechtliche Maßnahmen ergriffen werden.

Grundsätzliche Sicherheitsmaßnahmen im Tiefbau

Mit einer gründlichen Gefährdungsbeurteilung ist nur der erste Schritt getan. Nun gilt es, die geplanten Sicherheitsvorkehrungen auch umzusetzen, um den Schutz aller Beteiligten sicherzustellen.

Gemäß § 3 ArbSchG muss die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen sichergestellt werden. Daher gilt auch: Ab mehr als 20 Beschäftigten müssen Sie einen Mitarbeiter zum Sicherheitsbeauftragten ernennen, der die Durchführung der Arbeitsschutzmaßnahmen verlässlich überwacht. Zur Qualifizierung von Sicherheitsbeauftragten bietet die BG BAU Ausbildungsseminare an.

Umgang mit Arbeitsgeräten

Qualifizierte Arbeitskräfte arbeiten umsichtig und effizient. So erzielen sie nicht nur ein besseres wirtschaftliches Ergebnis, sondern garantieren einen sicheren Umgang mit Baumaschinen und Fahrzeugen. Daher ist die Arbeit mit Baumaschinen und Fahrzeugen nur qualifizierten Arbeitskräften gestattet. Beispielsweise das Betreiben von Erdbaumaschinen, welches im DGUV Grundsatz 301-005 näher ausgeführt wird, erfordert spezielle Schulungen und Unterweisungen.

Die Instandhaltung von Arbeitsgeräten unterliegt, wie erwähnt, den Pflichten, denen Sie als Arbeitgeber nachkommen müssen. Wartungen und das Einhalten von Prüffristen für die Arbeitsgeräte sind unabdingbar. Setzen Sie Prüfplaketten ein, um diese Fristen im Auge zu behalten – mindestens einmal im Jahr müssen Ihre Geräte durch eine sachkundige Person auf Schäden überprüft werden. Dennoch sollten Maschinen auch vor ihrer Inbetriebnahme gründlich unter die Lupe genommen werden. Selbst kleinere Mängel können große Folgen nach sich ziehen.

Tätigkeiten mit Gefahrstoffen

Allein schon bei Arbeiten mit Baumaschinen oder am Straßenverkehr werden Abgase freigesetzt, die die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter gefährden. Gefahrstoffe, wie Motoremissionen oder Stäube, die bei der Bearbeitung von Materialien entstehen, gilt es ebenfalls vorzubeugen oder zu eliminieren.

Ergreifen Sie zunächst technische Schutzmaßnahmen. Um Motorenemissionen so gering wie möglich zu halten, können Sie elektrische Motoren einsetzen. Auch Abgasabsaugung oder Dieselpartikelfilter können das Risiko einer Aufnahme deutlich senken. Erst wenn das Gefahrenrisiko nicht an der Quelle behoben werden kann, sollten Sie auf organisatorische und schließlich persönliche Maßnahmen zurückgreifen. Sorgen Sie dafür, dass eine geringstmögliche Anzahl an Mitarbeitern dem Risiko ausgesetzt sind und sorgen Sie für entsprechende Schutzausrüstung.

Gesundheit Ihrer Mitarbeiter

Zur Arbeitssicherheit gehört auch das körperliche und seelische Wohlergehen Ihrer Mitarbeiter – und somit einiges an Ausrüstung und Maßnahmen, die Sie ebenfalls nicht vergessen sollten:

Maßnahme

Beispiel

Erste-Hilfe-Leistungen

Erste-Hilfe-Material und Einsatz von Betriebsärzten und Ersthelfern

Persönliche Schutzausrüstung

Für Arbeiten mit biologischen Stoffen oder Schweißarbeiten

Witterungsfeste Kleidung

Als Schutz vor Wind, Regen und UV-Strahlung

An die Witterung angepasste Rückzugsmöglichkeiten

Schattige oder beheizte Räumlichkeiten

Weiterbildungen und Schulungen

Beispielsweise zur Ausbildung Schutzbeauftragten (Der TÜV bietet je nach Bundesland Schulungen an.)

Welche besonderen Unfallrisiken bestehen im Tiefbau?

Neben einem grundsätzlichen Sicherheitskonzept erfordert die Arbeitssicherheit im Tiefbau zusätzlich die Betrachtung von branchenspezifischen Herausforderungen.

1) Aushub von Gräben und Baustellenrichtlinien im Tiefbau

Arbeitssicherheit im Tiefbau: Arbeiter in einer Grube. © Mario Hoesel / stock.adobe.com

Laut der BG BAU waren Verschüttungen zwischen 2017 und 2019 die häufigste Ursache von Unfällen im Erdbau. Eine große Anzahl dieser entstehen durch eine mangelhafte Sicherung der Baugrubenwände: Werden Böschungen unsachgemäß angelegt oder andere Einflüsse, wie durchfeuchtete oder belastete Böden, nicht beachtet, bringen Sie das Leben Ihrer Mitarbeiter in Gefahr.

Sicherheitsmaßnahmen

Die Baustelle um Baugruben und Gräben sollte optimal abgesichert werden, noch bevor die ersten Maschinen zum Einsatz kommen. Bauzäune werden gerade bei Straßenarbeiten so eingerichtet, dass sie den Verkehr nicht behindern – und alle Verkehrsbeteiligten und Arbeiter schützen. Da bei diesen ein Eingriff in den öffentlichen Straßenverkehr erfolgt, muss ein Verkehrssicherheitsplan erstellt werden. Dieser befolgt die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen und wird durch die Straßenverkehrsbehörde genehmigt. Die aktuellen RSA sind auf der Website zur RSA 21 zu finden.

Baumaschinen und LKWs dürfen keinesfalls zu nah an die Böschungskante fahren. Nicht nur erhöht dies das Risiko einer Verschüttung, sondern sie drohen ebenfalls abzurutschen oder abzustürzen. Tiefergelegene Ebenen sind nämlich ein Gefahrenort für Absturzunfälle. Ab einer Höhe von zwei Metern müssen Maßnahmen, wie Randsicherungen oder Fanggerüste, umgesetzt werden. Auch die Errichtung von Schutzstreifen um Gräben erhöht die Sichtbarkeit von Absturzkanten und sorgt für mehr Arbeitssicherheit bei Tiefbauarbeiten.

Eine ordnungsgemäße Sicherung umfasst aber nicht nur die Verwendung von Warnschildern, Bauzäunen und ausreichender Beleuchtung: Die DIN 4124 legt den Verbau von Böschungen gegen Einsturzgefahr fest. Die Normierung der Winkel, Tiefe und Breite unterscheidet sich je nach Bodenbeschaffenheit und muss kontrolliert umgesetzt werden, damit die Standsicherheit der Grabenwände sichergestellt ist.

2) Arbeit an Versorgungsleitungen

Beschädigung von Versorgungsleitungen können nicht nur hohe Reparaturkosten nach sich ziehen: Es kann zu Ausfällen von Strom und anderen Infrastrukturdiensten kommen und eine Gefahr für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter darstellen. Das Austreten von giftigen oder explosiven Stoffen, aber auch Kontakt mit Stromleitungen sind ein Gefährdungsrisiko.

Sicherheitsmaßnahmen

Informieren Sie sich über unterirdische Versorgungsleitungen vor Beginn der Erdarbeiten. Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass welche verlegt sein können, besteht beim Bauherrn nämlich die Erkundigungs- und Sicherungspflicht. Zur Ausschließung von Gefährdungen sollten Verläufe in Plänen und durch Trassierstangen oder Pflöcke auf der Baustelle markiert werden.

Grundsätzlich ist bei Tiefbauarbeiten trotz Erkundung immer mit unterirdischen Versorgungsleitungen zu rechnen. Wenn diese in bereits vorhandenen Planunterlagen nicht verzeichnet sind, können unangenehme Überraschungen eintreten. In diesem Fall müssen Bauarbeiten abgebrochen werden und Netzbetreiber informiert werden. Eine Weiterarbeit hier ist nur dann nach Absprache und Identifizierung der Leitung möglich.

3) Kontakt zu biologischen Stoffen

Vor allem Tätigkeiten mit Abwasser führen ein weiteres Risiko mit sich. Bei Kanal- oder Rohrleitungsbauarbeiten kann es auch zum Kontakt mit Mikroorganismen, wie Krankheitserregern, kommen. Unter Umständen führt Kontakt von Haut oder Schleimhäuten zu belastetem Wasser oder Böden zu Infektionen oder toxischen Wirkungen.

Sicherheitsmaßnahmen

Um das Infektionsrisiko zu minimieren, orientieren Sie sich an die Allgemeinen Schutzmaßnahmen nach §9 der BiostoffV.

Neben der regelmäßigen Reinigung der Arbeitsbereiche und -geräte werden hier persönliche Sicherheitsmaßnahmen besonders wichtig. Klären Sie Ihre Mitarbeiter über potenzielle Gesundheitsrisiken auf und stellen Sie Schutzkleidung, wie wasserdichte Stulpenhandschuhe, zur Verfügung. Schutzimpfungen gegen beispielsweise Hepatitis A und B können schwerwiegende Erkrankungen mit langfristigen Folgen ebenfalls verhindern.

Fazit: Machen Sie Ihre Baustelle gefahrensicher!

Arbeitsschutz im Tiefbau bringt besondere Herausforderungen mit sich. Von der Vorbeugung von Verschüttungen im Erdbau bis hin zu Verkehrssicherung an Baustellen – Regelungen, Normen und Gesetze, die diese Gefahrenbereiche abdecken, sind nicht ohne Grund komplex. Nur durch sie und eine gründliche Gefährdungsbeurteilung in seinem eigenen Betrieb lässt sich die Arbeitssicherheit im Tiefbau auch wirklich durchsetzen.

Auch wenn die Durchsetzung aller Sicherheitsmaßnahmen überwältigend erscheint, sind Sie durch ausführliche Leitfäden, Schulungen und Zertifizierungen nicht allein unterwegs. Nichts lohnt sich mehr als die Sicherheit Ihrer Mitarbeiter: Sie verhindert Unfälle, beugt Verletzungen vor und rettet Leben.

greenprofi Redaktion

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